Der Kaiser hatte abgedankt. Aus der Monarchie wuchs eine junge Republik. Die zunehmende Arbeitslosigkeit indes bereitete Sorgen. Doch Ewald Pirl sen., inzwischen über 30 Jahre alt, musste seinen Betrieb nicht aufgeben. Die grassierende Inflation erzwingt allerdings schnelles Handeln. Das tagtäglich eingenommene Geld musste ohne Verzug wieder in die Anschaffung neuer Ware gesteckt werden. Am Ende gehen die Preise für Butter und Brot in die Billionen. Als dieser Spuk vorüber ist, haben die Menschen neues Geld in ihren Börsen: die Rentenmark. Nun war das Geld bergeweise übrig. Wer wollte, konnte die Wände damit tapezieren.
Paula Pirl hatte allerdings gänzlich andere Sorgen. Ihr Mann, gerade mal 39-jährig, verstirbt am 4. April 1929. Doch die Frau – als gute Köchin beschrieben und mit einem tüchtigen Geschäftssinn ausgestattet – steckte nach dem Schicksalsschlag den Kopf nicht in den Sand. Lange genug hatte sie Erfahrungen in der Gastwirtschaft, im Umgang mit Gästen und Lieferanten sammeln können. Mutig übernahm sie die Führung des Hauses, in dem bald eine besondere Attraktion Furore machen sollte: Die Frühaufsteher scharten sich am 12. Juni 1930 morgens vier Uhr um den Radioapparat und lauschten. Im fernen New York kletterte Max Schmeling gegen Jack Sharkey in den Ring. Die Direktübertragung des Kampfes um die Weltmeisterschaft, den Schmeling durch die Disqualifikation seines Gegners gewann, glich wahrlich einer Sensation. Wer in der Gaststube gespannt die Ohren aufsperrte nahm wohl am ersten Wörlitzer „Public Hearing“ teil.